Als Alina Hoyer im Februar 2018 die World Money Fair in Berlin besuchte, ahnte die Künstlerin wohl noch nicht, welche besondere Ehre ihr auf dieser Veranstaltung zuteil werden würde. Die Tochter des legendären Gestalter-Büros Heinz Hoyer und Sneschana Russewa-Hoyer unternahm mit ihren Eltern lediglich einen Bummel über die Messe, als sie an einem Messestand eher zufällig angesprochen wurde: Sie sei doch die Gestalterin der Wertseite der Fünf-Euro-Polymermünze zum Thema „Planet Erde“. Ob sie schon wüsste, dass diese Münze beim „Coin of the Year“-Award zur Münze des Jahres gewählt wurde? Zu diesem Zeitpunkt war die Preisverleihung nur wenige Stunden entfernt - und kurze Zeit später fand sich Hoyer auf der Bühne der Preisverleihung wieder. Und der Jubel für die Künstlerin war riesig.
Alina Hoyer ist eine prominente Vertreterin der besten Münzdesignerinnen der Welt. Sie konnte seit der Einführung des Euro gleich mehrfach mit kunstvoll gestalteten Münzmotiven überzeugen: Die 10 Euro Silbermünze zur Frauenfußball-WM in Deutschland aus dem Jahr 2011 sowie die 2 Euro-Umlaufgedenkmünze zum 50. Jahrestag der Unterzeichnung des Élysée-Vertrags aus dem Jahr 2013 (gemeinsam mit drei anderen Designern) stammen aus ihrer Feder.
Die Tochter des legendären Künstler-Ehepaares Sneschana Russewa-Hoyer, die in einem gemeinsamen Atelier mit ihren Eltern in Berlin arbeitet, ist nicht die einzige deutsche Künstlerin, die auf Euro-Gedenkmünzen ihre gestalterischen Spuren hinterlassen hat: Elena Gerber aus Berlin und Stefanie Radtke aus Leipzig sind alte Bekannte bei den regelmäßig stattfindenden Münzwettbewerben des Bundesverwaltungsamtes.
Zwar verrät ein Blick in die Ergebnisprotokolle der letzten Jahre, dass die Mehrzahl der Entwürfe von Männern stammt, doch die Künstlerinnen sind mit Gerber, Hoyer, Radtke und vielen anderen Münzgestalterinnen, die sich eher unregelmäßig an Münzwettbewerben beteiligen, stark vertreten.
Das Bundesverwaltungsamt achtet bei der Durchführung der Gestaltungswettbewerbe strikt auf Chancengleichheit: Bei der Sichtung der Entwürfe wissen die Preisrichter nicht, wer sich hinter welchem Vorschlag verbirgt.
Andere Länder haben alternative Wege bei der Auswahl ihrer Münzentwürfe gewählt - so hat beispielsweise die Münze Österreich ein festes Team von fünf Graveuren: Neben Chefgraveur Helmut Andexlinger und der Designer-Legende Herbert Wähner wird die nächste Generation der Münzgestaltung durch drei talentierte Frauen repräsentiert: Kathrin Kuntner und Anna Rastl haben die Fachschule für Metalldesign in Steyr absolviert, Rebecca Wilding kommt von der Höheren Technische Lehranstalt für Gravurtechnik in Ferlach. Ihnen zur Seite stehen Thomas Pesendorfer und Christa Reiter, beide langjährige Graveure und inzwischen im Ruhestand.
In anderen Euro-Ländern ist die Münz-Gestaltung längst in Frauenhand. So stammen beispielsweise gleich mehrere der besten Münz-Künstlerinnen der Welt aus Italien: Die ersten Zwei-Euro-Umlaufgedenkmünzen aus Italien stammen ausnahmslos von Frauen: Uliana Pernazza (2004), Maria Carmela Colaneri (2005 - 2009), Claudia Momoni (2010). Erst 2011 war mit Ettore Lorenzo Frapiccini ein Mann an der Reihe.
Und bis heute stammen die meisten italienischen Zwei-Euro-Gedenkmünzen aus Italien aus Frauenhand. Zudem würde ohne weitere italienische Künstlerinnen wie Chiara Principe oder Daniela Longo ein Großteil der Gedenkmünzen aus San Marino und dem Vatikan nicht existieren.
Während viele Länder wie beispielsweise Italien bei der Gender-Gerechtigkeit bei der Münzgestaltung ganz vorne mit dabei ist, hat die Europäische Kommission noch Nachholbedarf: Alle fünf bisherigen 2-Euro-Gemeinschafts Ausgaben wurden von männlichen Designern gestaltet:
Die erste Münze im Jahr 2007 zu den Römischen Verträgen wurde von Helmut Andexlinger (Österreich) erschaffen, ebenso das Motiv für die Umlauf-Gedenkmünze zum 10. Jahrestag der Einführung des Euro-Bargeldes im Jahr 2012.
Das Design für die Münze zur Europaflagge aus dem Jahr 2015 stammt von Giorgios Stamatopolous (Griechenland), ebenso die Gemeinschaftsausgabe von 2009.
Im Jahr 2022 lieferte Joaquim Jiménez (Frankreich) den siegreichen Vorschlag für die Erasmus-Gemeinschaftsmünze. Zwei Künstlerinnen schafften es jedoch auf die Shortlist: Iris Bruijns aus Belgien erreichte bei einer Online-Abstimmung mit rund 17 Prozent der Stimmen den dritten Platz, Maria Antonatou landete mit knapp 8 Prozent auf Platz 5.
Ich finde es gut, wenn die Leistungen von Frauen gewürdigt werden. Allerdings kann ich nicht nachvollziehen, wieso die Ergebnisse eines anonymen Entscheidungsprozesses ungerechter sein sollen als die Bevorzugung eines Geschlechts.
Sollen schlechtere Entwürfe gewinnen, weil sie von Frauen kommen?