Silber hat sich innerhalb eines Jahres in Euro um fast 90 Prozent verteuert – ein Preisschub, der das deutsche Gedenkmünzsystem unter massiven Druck setzt. Die Bundesregierung hat deshalb zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate die Nominale der Silbermünzen angehoben – ein Schritt, der so in der Geschichte der Bundesrepublik noch nicht vorkam: Die Weihnachts- und Feinsilbermünzen erhalten ab 2026 ein Nominal von 50 Euro, die regulären Silbermünzen werden zu 35-Euro-Stücken.
Hintergrund ist, dass die ursprünglich beschlossenen Werte von 25 Euro (für die früheren 20-Euro-Münzen) beziehungsweise 35 Euro (für die 25-Euro-Weihnachtsmünzen) bei einem Silberpreis von 53 Euro nicht mehr ausreichen würden. Eine 22-Gramm-Feinsilbermünze hat derzeit einen Materialwert von etwa 38 Euro, eine Sterlingsilbermünze liegt bei gut 28 Euro – ein Abstand, der ohne Korrektur sofort wieder zum Ausgabestopp geführt hätte.
Um die Entwicklung zu verstehen, lohnt ein Blick auf die beiden Münzreihen, die besonders betroffen sind. Die regulären deutschen 20-Euro-Gedenkmünzen bestehen aus Sterlingsilber und enthalten rund 16,65 Gramm Feinsilber. Die 25-Euro-Weihnachtsmünzen bestehen aus reinem Silber und bringen 22 Gramm auf die Waage. Beide Münztypen werden traditionell zum Nennwert über die Deutsche Bundesbank ausgegeben – ein weltweit ungewöhnlich sammlerfreundliches Modell. Solange der Materialwert klar unter dem aufgeprägten Wert lag, funktionierte dieses System problemlos. Doch mit dem Sprung des Silberpreises in Richtung 35 Euro je Feinunze begann die Kalkulation zu kippen. Erstmals näherte sich der Metallwert der Weihnachtsmünzen dem Nennwert an, und das Bundesfinanzministerium warnte im Sommer 2025, dass eine Ausgabe unter diesen Bedingungen haushaltsrechtlich nicht mehr zulässig sei.
Im September reagierte die Bundesregierung zunächst mit einer vorsichtigen Strukturreform: Die 20-Euro-Münzen sollten ab 2026 zu 25 Euro ausgegeben werden, die 25-Euro-Feinsilbermünzen zu 35 Euro. Diese Lösung erwies sich jedoch rasch als unzureichend. Der Silberpreis stieg weiter, und im Herbst erreichte der Materialwert bereits bei beiden Münztypen erneut die kritischen Schwellen. In der Folge kam es zu einem beispiellosen Vorgang: Die Ausgabe der 25-Euro-Weihnachtsmünze „Heilige Drei Könige“, obwohl bereits geprägt, wurde kurzfristig gestoppt. Auch die geplante 20-Euro-Münze zur Wuppertaler Schwebebahn wurde verschoben. Zum ersten Mal seit Einführung der Euro-Gedenkmünzen musste der Staat fertige Münzen zurückhalten, weil ihr Metallwert einen wirtschaftlichen Vertrieb unmöglich machte.
Innerhalb der Sammlerszene wird die Entscheidung kontrovers aufgenommen. Einerseits gilt die Anhebung als Zeichen, dass die Bundesregierung weiterhin an echten Silbermünzen festhält und den langfristigen Charakter des Sammelns schützen will. Andererseits wächst die Sorge, dass hohe Nominale vor allem Einsteiger abschrecken könnten.
Auch der internationale Blick zeigt, wie besonders das deutsche System ist. In der Schweiz werden 20-Franken-Silbermünzen längst nicht mehr zum Nennwert abgegeben, sondern zu deutlich höheren Preisen verkauft. In Frankreich erscheinen viele Gedenkmünzen mit moderatem Silbergehalt und einem hohen Sammleraufschlag. Dass deutsche Sammler ihre Münzen über Jahre hinweg zum Nominalwert und mit hohem Edelmetallgehalt erwerben konnten, war eher die Ausnahme als die Regel – und wird nun zunehmend schwer aufrechtzuerhalten sein.
Die Entscheidung für 35 und 50 Euro schafft zunächst wieder Planungssicherheit, doch sie wirft neue Fragen auf. Was geschieht, wenn der Silberpreis weiter steigt? Wie attraktiv bleiben die Münzen, falls der Kurs plötzlich wieder fällt? Und wie lange kann der Staat ein System finanzieren, dessen Auflagenzahlen seit Jahren rückläufig sind?
Und dazu kommt eine weitere, für Sammler besonders wichtige Frage: Werden während des aktuellen Silberbooms neue Raritäten geboren? Denn viele Sammler und Anleger trennen sich derzeit von ihren Silberlingen, unvorstellbare Mengen sind bereits in der Schmelze gelandet. Wer an seinen Silberschätzen festgehalten oder sogar weitere 10-Euro-, 20-Euro- oder 25-Euro-Silbermünzen zugekauft hat, kann sich glücklich schätzen – denn die verfügbare Menge nimmt täglich ab.
Wie bewerten Sie die neuen Nominale von 35 und 50 Euro – notwendig, überfällig oder ein Risiko für die Attraktivität der Sammlermünzen? Teilen Sie Ihre Meinung gerne in den Kommentaren mit uns!
