Wer bei einem Edelmetallhändler durch das Sortiment stöbert, begibt sich gewissermaßen auf Weltreise: Australien ist mit dem Känguru vertreten, der Weißkopfseeadler symbolisiert die Vereinigten Staaten von Amerika, und der Panda fasziniert als numismatischer Botschafter für China. Mit einer Ausnahme – dem Wiener Philharmoniker aus Österreich – sucht man Anlagemünzen aus der Europäischen Union allerdings vergeblich. Warum ist das so?
Zunächst ein Blick auf die unangefochtene Nummer eins der EU-Anlagemünzen: Hier führt kein Weg am Wiener Philharmoniker aus Österreich vorbei. Die Münze Österreich hat im Jahr 1989 den europäischen Markt für Anlagemünzen aufgemischt und mit einer Ausgabe in Gold sowie seit 2008 auch in Silber einen echten Bestseller geschaffen. Die Österreicher setzen dabei auf ein schlichtes Design, das seit der Erstausgabe nicht verändert wurde. Weil Österreich die Produktionskosten gering hält, kann der Wiener Philharmoniker zu besonders günstigen Konditionen angeboten werden. Hinzu kommt: Anders als bei vielen anderen Anlagemünzen müssen die Philharmoniker nicht um die halbe Welt transportiert werden.
Für Österreich hat sich die Einführung der Philharmoniker-Anlagemünzen definitiv bezahlt gemacht. Die Münze Österreich, die bis Ende der 1980er Jahre eher wenig bekannt war, zählt heute zu den renommiertesten Prägestätten der Welt. Sie ist regelmäßige Preisträgerin beim „Coin of the Year Award“ und hat zahlreiche neue Prägetechniken etabliert, die auch hierzulande Anwendung finden. Zudem ist ein weiterer Aspekt nicht zu unterschätzen: Durch die Produktion und den Verkauf von Anlagemünzen ist die Bilanzsumme der Münze Österreich regelrecht explodiert. Das Staatsunternehmen hat dadurch auch im eigenen Land erheblich an Bedeutung gewonnen.
Vor diesem Hintergrund ist es umso erstaunlicher, dass bisher kein anderes Euro-Land einen ernsthaften Mitbewerber für den Philharmoniker etablieren konnte. Zwar gab es in den vergangenen Jahren vereinzelte Versuche – etwa mit einem Löwen aus Tschechien oder einem Adler aus der Slowakei -, doch alle diese Münzen hatten von vornherein nicht das Zeug zum neuen Investment-Superstar Europas. Ihre Auflagen bewegten sich mit wenigen Tausend oder Zehntausend Stück eher im Bereich für Sammler als für Investoren.
Jetzt mischt allerdings ein anderes Euro-Land den Markt für Anlagemünzen auf: Malta hat nach dem „Malteserkreuz“ in Silber eine weitere Anlagemünze vorgestellt – die „Zweischwänzige Eidechse“ wurde ebenfalls im Bullion-Standard zu einer Unze Feinsilber geprägt. Und die Malteser meinen es offenbar ernst: Nachdem der erste Jahrgang der Malteserkreuz-Münze in Silber im Jahr 2023 ein voller Erfolg wurde, wird dieses Motiv inzwischen in mehreren Gold-Stückelungen nachgeprägt. Mit einer Auflage von einer Million Stück kann die Silbermünze mit dem Malteserkreuz auch mit anderen Anlagemünzen mithalten – und daneben gibt es auch eine Sammlerausführung in „Polierte Platte“. Die Central Bank of Malta hat mit ihrer Vertriebsstelle, dem „Malta Coin Centre“, also an alles gedacht.
Außerdem ist inzwischen sogar die Bundesrepublik Deutschland auf der Bullion-Landkarte aufgetaucht – oder besser gesagt: Der Freistaat Bayern. Das Bayerische Hauptmünzamt hat eine eigene, moderne Bullion-Münze unter dem alten Namen „Thaler“ aufgelegt. Dabei handelt es sich um eine Neuinterpretation – kein gesetzliches Zahlungsmittel, sondern eine Anlageprägung („Bullion Round”). Durch die Verwendung eines fiktiven historischen Nominals (1 Thaler etc.) lässt sich rechtlich umgehen, dass neue Euro-Münzen geprägt werden – die Bezeichnung „Thaler“ ist nicht geschützt, weshalb das Münzgesetz nicht berührt wird.
Die Ausgabe eigener Anlagemünzen durch Staaten kann prestigeträchtig und wirtschaftlich lohnend sein – etwa durch Gewinne bei der Nutzung von Gold oder Silber, das sich in Staatsbesitz befindet, internationale Sichtbarkeit oder die Stärkung des nationalen Edelmetallmarkts. Dennoch entscheiden sich viele Staaten gegen die Ausgabe eigener Bullionmünzen. Dafür gibt es viele Gründe: So verfügen viele Staaten weder über eigene Prägestätten noch über ausreichende Expertise in der Produktion, Vermarktung und Qualitätskontrolle von Anlageprodukten aus Edelmetall. Die Einrichtung oder Modernisierung solcher Kapazitäten ist kostenintensiv und langwierig.
Dazu kommt in den meisten Ländern auch ein fehlendes wirtschaftliches Interesse. Für kleinere Staaten oder solche ohne relevante Rohstoffvorkommen gibt es keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Anreiz und die Herstellung von Anlagemünzen ist teuer – insbesondere bei niedrigen Auflagen. Kosten fallen an für Designentwicklung, Stempelherstellung, Edelmetallbeschaffung und viele andere Aufgaben. Und zu guter Letzt stützen sich die meisten Länder auf Importe (z. B. Philharmoniker, Maple Leaf, Britannia). Dies deckt die Nachfrage im Inland ab – ohne eigenen Aufwand.
Was halten Sie von neuen Bullion-Ausgaben wie dem Malteserkreuz oder dem Bayern-Thaler? Und würden Sie sich mehr moderne Anlagemünzen aus der EU wünschen – und wenn ja, aus welchem Land? Teilen Sie Ihre Meinung gerne in den Kommentaren mit uns!